
Management – vom Kunsthandwerk zur Profession, ein Vergleich von Industrie und Dienstleistung
Produktionsunternehmen setzen mehr und effizienter betriebswirtschaftliche Führungsinstrumente ein als Dienstleister, so zumindest das Resultat einer Untersuchung der OECON Consulting.
Letztendlich ist es keine Überraschung, was die OECON Untersuchung herausgefunden hat: Unternehmen mit industriellem Fertigungshintergrund nutzen deutlich mehr Führungs- und Controllinginstrumente als solche in reinen Dienstleistungssegmenten. Eine Befragung von rund 100 Unternehmen hat dabei ein klares Bild ergeben. So werden z.B. detaillierte Management-Erfolgsrechnungen, die auch auf einzelne Leistungsbereiche herunter gebrochen werden, von 73% aller Industrieunternehmen verwendet, aber nur bei 54% der Dienstleister eingesetzt. Gleiches gilt für diverse andere, bereits seit mehr als 20 Jahren diskutierte und an den Hochschulen gelehrte, BWL-Methoden wie Portfolio-Techniken, Lebenszyklus-Analysen, Prozesskostenrechnungen oder Kunden-Klassifikationen. Einzig die Kostenstellenrechnung ist mit 85% bei der Industrie und 83% im Dienstleistungssektor mehr oder weniger auf einem Level.
Neben klar erwarteten Ergebnissen wurden aber auch überraschende Resultate ermittelt: Obwohl die Dienstleister eigentlich weniger stark die Standard-Tools einsetzen, geben sie dennoch anteilig mehr für Controlling aus. Manager der Industrie gaben an 0,9% der Gesamtkosten für Controllingfunktionen auszugeben, während die Befragung von Dienstleistern einen Wert von 2,3% ergab.
Im Rahmen einer Analyse hat OECON Consulting zu den gefundenen Befragungsergebnissen auch mögliche Ursachen ermittelt, die sich verkürzt auf folgenden Nenner bringen lassen: Der industrielle Sektor hat mit rund 200 Jahren an Management-Erfahrungen einen evolutionär höheren Reifegrad als das Dienstleistungsgewerbe, welches betriebswirtschaftlich noch in der Phase „Kunsthandwerk“ ist. Sehr deutlich wird dieses bei der Auswertung der Frage „Was ist ihre Leistung für den Kunden und wer ist dieser Kunde?“ Während Dienstleister hier häufig unscharfe Produkt- und Kundenbeschreibungen ablieferten, waren die Antworten der „Old-Economy“-Vertreter aus der Industrie scharf und direkt. Es fällt natürlich einem Plastikdeckel-Fabrikanten leichter die Pharmaindustrie als Kunden seiner Deckel zu nennen, als einem Krankenhausbetreiber die Krankenkassen als Kunden gegenüber seinen medizinischen Mitarbeitern zu vertreten.
Eine ehrliche Positionierung und die Beantwortung derart elementarer Fragen wird für viele Unternehmen in den kommenden schwierigen Jahren existentiell sein, zumal die Margen für ehemals lukrative Dienstleistungen – angefangen von Arztpraxen über Finanzdienstleistungen wie Banken bis hin zu Medien- aber auch Softwareunternehmen – im freien Fall sind. Die Garantie als Zahnarzt automatisch Millionär zu werden ist Geschichte und die Einkommen von Ärzten nähern sich denen von Ingenieuren an. Härter trifft es aktuell die Banken, die bislang mit komplizierten Produkten über 2% p.a. des verwalteten Vermögens an Gebühren kassieren konnten und zukünftig mit einfachen Produkten nicht einmal 1% behalten dürfen. Der damit nur noch finanzierbare Kostenapparat muss natürlich deutlich mehr automatisiert und fokussiert sein - und das gilt u.a. auch für die Controllingfunktionen.
Erste erkennbare Trends müssten die Dienstleister aufschrecken lassen: Erfolgreiche Fertigungsunternehmen erweitern ihr Leistungsportfolio in Richtung Dienstleistungen. So ist heute schon selbstverständlich, dass Volkswagen eine eigene Bank hat und wohl mittelfristig auch den Vertrieb seiner Produkte direkt übernehmen wird, beides geführt mit industriellen Management-Methoden. Grosse reine Dienstleister wie z.B. die Banken müssen sich deshalb schnell Antworten einfallen lassen: nicht wieviel Rendite erwartet unser Shareholder sondern wozu braucht man uns eigentlich (Effektivität) und wie können wir das fokussiert und konkurrenzfähig herstellen (Effizienz)?
(Ein Beitrag von Thomas Czekala)
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